Der Aufwand wird höher

Von Hans-Jürgen Bahde
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Wenige Monate vor der Halbzeit des regionalen Glasfaserprogramms richtet sich der Blick bereits auf die folgenden Jahre. Dank des hohen Ausbautempos ist das Ziel für Ende 2025 – die Hälfte der Haushalte soll versorgt sein – in greifbarer Nähe. Ende 2024 hatten 40,4 Prozent der Haushalte eine Anschlussmöglichkeit ans Glasfasernetz. Zum Vergleich: Noch Ende 2019 waren es gerade mal 5,2 Prozent. Die Region Stuttgart bewegt sich deutlich über dem Ausbaustatus in Baden-Württemberg und in Deutschland. Alle Landkreise der Region liegen in der baden-württembergischen Spitzengruppe.

Wir müssen jedoch darauf vorbereitet sein, dass die zweite Hälfte aus mehreren Gründen schwieriger wird. Die noch unversorgten und für die Telekommunikationsunternehmen wirtschaftlichen Gebiete werden weniger. Deshalb, und weil Anbieter wie die Telekom und Vodafone ihre Bestandskunden halten wollen, werden die Unternehmen aller Voraussicht nach in den nächsten Jahren künftig stärker überbauen. Dies konnten wir bisher in der Region weitgehend verhindern und wollen es auch künftig möglichst vermeiden.

Vor allem aber hat die Glasfaserbranche an Dynamik verloren. Einige investorengetriebene Unternehmen verschieben derzeit in ganz Deutschland die Erschließung neuer Ausbaugebiete und konzentrieren sich auf die Fertigstellung von Projekten im Bau und die Aktivierung der Anschlüsse. Von Marktgesetzen, veränderten Investorenstrategien und weiteren Rahmenbedingungen wie etwa der Zinsentwicklung können wir uns als Region Stuttgart nicht abkoppeln. Aber wir verfügen über bessere Voraussetzungen als fast alle anderen deutschen Regionen, um weitere Ausbaufortschritte zu erzielen.

In erster Linie profitieren wir vom deutschlandweit einmaligen Kooperationsvertrag mit der Telekom, die auf dieser Basis zum wichtigsten Glasfaserinvestor in der Region mit 77 Prozent Marktanteil wurde, gefolgt von den Telekom-Stadtwerke-Kooperationen mit zehn Prozent. Aufgrund dieses Vertrags, in dem sie sich zu den Ausbauzielen der Region bekennt, baut die Telekom in der Region Stuttgart weiterhin nicht nur urbane, sondern auch ländliche Räume aus, obwohl die Baukosten in unserer Region bundesweit zu den höchsten gehören.

Mit sechs weiteren Anbietern haben wir schriftliche Vereinbarungen zum Glasfaserausbau in der Region abgeschlossen und rechnen damit, dass diese Firmen ihre Anteile in den nächsten Jahren spürbar vergrößern werden. Mit der Telekom als bundesweitem Marktführer, der Deutschen Glasfaser sowie der UGG, über deren Infrastruktur unter anderem Verträge mit O2 abgeschlossen werden können, haben wir die größten Anbieter in Deutschland an Bord. Auch die OXG, auf deren Netz die Vodafone ihre Dienste anbieten wird, plant umfangreiche Glasfaserprojekte in der Landeshauptstadt und den großen Städten der Region.

Rückenwind kommt von der neuen Bundesregierung, die dem Ausbau von Mobilfunk- und Glasfasernetzen per Gesetz ein „überragendes öffentliches Interesse“ verleihen und so den Ausbau beschleunigen will. Für die Endphase unseres Programms kann eine passgenaue Förderkulisse durch Bund und Land unterstützend wirken. Bisher haben Bund und Land Förderprojekte mit einem Gesamtvolumen von 441 Millionen Euro bewilligt und übernehmen 90 Prozent der Kosten. Weitere Ausschreibungen laufen bereits oder werden in den nächsten Monaten gestartet.

Sobald das 90-Prozent-Ziel erreicht sein wird, benötigen wir wirksame Instrumente, um die zehn Prozent noch nicht versorgter Haushalte ans Netz zu bringen. Hier könnten die Städte und Gemeinden etwa den kommunalen Infrastruktur-Voucher zur Förderung von Hausanschlüssen in Anspruch nehmen, den die EU-Kommission für die Region Stuttgart genehmigt hat.

Unabhängig von den Marktentwicklungen und veränderlichen Randbedingungen bleiben die Erfolgsfaktoren für einen raschen Glasfaserausbau gleich: Glasfaseranbieter verlegen bevorzugt dort eigenwirtschaftlich, wo sie ihre wirtschaftlichen Ziele erwartungsgemäß erreichen. Kommunen können dies unterstützen, etwa durch die Akzeptanz von Verlegung in Mindertiefe, durch rasche Genehmigungsverfahren und nicht zuletzt durch die Unterstützung der ausbauenden Unternehmen bei der Bürgerinformation und -kommunikation.

Wenn wir unser Ausbautempo halten wollen, wird dies erhöhten Aufwand erfordern. Wir müssen den etablierten Dialog zwischen Unternehmen, Kommunen, Zweckverbänden und der GRS in der zweiten Hälfte der Programmlaufzeit nochmals intensivieren.

Hans-Jürgen Bahde

Breitbandbeauftragter Region Stuttgart

Geschäftsführer Gigabit Region Stuttgart GmbH

Hans-Jürgen BahdeHans-Jürgen Bahde ist Breitbandbeauftragter der Region Stuttgart und Geschäftsführer Gigabit Region Stuttgart GmbH (GRS).